Tätowierte Legastheniker und doofe Nutten

Ein leicht verschnupfter aber freier Vormittag verleitete mich einmal wieder zum TV-Zapping. Doch wo ich auch hinzappte, überall sah ich die gleichen Gesichter, die gleichen Figuren. Ein „schlimmer Verdacht“ (RTL) drängte sich auf: Ist inzwischen das Vormittags-Prekariats-TV eine einzige Sendung? Mit unterschiedlichen Kulissen?

Da war zuerst diese eine fette Frau, die mit der anderen dicken Frau die Wohnung und den Mann und die Kinder tauschte.Und beide hatten ein großes Problem. Ein Problem mit der Küche. Denn die eine Fette kannte sich in der Küche nicht aus, weil sie sich und ihrer Familie mit ihrem schmalen Hartz-IV-Etat nur Fastfood leisten konnte. Die andere Dicke konnte auch nicht kochen, weil sie dazu bei sich eine Haushaltshilfe hat. Nun standen beide recht blöd und dicke da.

Nur einen Sender weiter war dann die eine fette Frau in einer ganz anderen Sendung zu sehen. Sie saß vorm TV-Gericht als mutmaßliche Täterin. Der Vorwurf der Staatsanwältin (die ich wiederum in der Tausch-Sendung als irre Tochter der fetten Frau gesehen hatte): Die Dicke habe mit einer Pfanne ihre Schwiegermutter erschlagen wollen, um an das Versicherungsgeld zu kommen, mit dem sie ihre Auswanderung nach Kanada bezahlen habe wollen.  Das aber bestritt die Dicke mit der Begründung, gar nicht zu wissen, was eine Pfanne sei, weil sie doch gar nicht kochen könne (was Insider natürlich schon aus der anderen Sendung wussten). Und außerdem wolle sie nicht nach Kananda, sondern nach Norwegen auswandern. Weil, das sei doch landschaftlich und sprachlich eh das gleiche, aber eben nicht ganz so weit.

Noch einen Sender weiter sah ich dann die bebrillte Richterin, den tätowierten Mann der fetten Frau und auch den Rest der Zeugen aus dem Gerichtssaal von eben wieder. Alle saßen, von Kameras beobachtet, in einem Wohn-Container und schrien sich mehr oder weniger die ganze Zeit an. Dazu gesellten sich noch ein paar asoziale Schläger und ein, zwei Prostituierte. Alle hatten eins gemeinsam: Das Nicht-Beherrschen auch nur einer Sprache. Asoziale, dicke, tätowierte Legastheniker und doofe Nutten beim täglichen Versuch, sich mit den wenigen Worten, die sie beherrschen, gegenseitig zu beleidigen. Da schlägt das Herz eines jeden Hellersdorfer Plattenbau-Prekariaten höher.

Genug davon, dachte ich mir, und schaltete auf den erstbesten GEZ-Bezahl-Kanal. Um was zu sehen? Genau, auch hier die gleichen Fratzen. Die Fette, die Richterin, den Tätowierten, die Staatsanwältin, die Nutte, den Mann der fetten Frau, die Tochter der dicken Frau sowie deren Haushaltshilfe. Nur diesmal nicht beim Partnertausch sondern beim Gänseschmaus. In der Super-Duper-Mega-Koch-Show.

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2 Kommentare zu “Tätowierte Legastheniker und doofe Nutten

  1. Klasse beobachtet! Das Schlimme ist ja (ich kann aber natürlich nur für mich sprechen), dass man mitunter doch darauf hereinfällt und glaubt, das sei alles echt. Wenn man dann die gleichen Gesichter in einem völlig anderen Zusammenhang im TV sieht, grübelt man dann, welche der beiden Stories nun stimmt. Um dann zu dem Schluss zu kommen, dass beider erstunken und erlogen sind. Ich warte ja immer drauf, dass ich solchen Gesichtern (bekannt aus [Funk und] Fernsehern) mal im realen Leben begegne. Mal gucken, was die wirklich so machen. Vermutlich Kochsendungen bei den Öffentlich-Rechtlichen schauen, um die Bratpfanne am Ende doch noch ihrem eigentlichen Verwendungszweck zuführen zu können. Na, das nenne ich doch mal ein Happy End.
    By the way und offtopic: ich muss dir endlich mal ein Lob für deinen Blog aussprechen. Ich bin hier schon lange heimliche Leserin und musste das endlich mal loswerden. Ich stamme übrigens auch aus Halle und wohne in Pankow. Ganz in echt jetzt!

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  2. Das ist doch mal eine optimale „Verwertung“ von „Schauspielern“. Extrem kostensparend dazu. Ich hatte mit Deiner Frau gerade eine längere Diskussion über USFO und DSDS.

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