Bilder aus der Fotokiste IV

Der Sommer kommt. Sagen die Wetterfrösche. Nicht schnell, aber langsam und garantiert. Noch ist April und die warmen Nachmittage kämpfen immer noch mit den kalten Nächten. Nicht mehr lang, und die Grillsaison geht wieder los. Bei den Freunden in Thüringen begann sie schon im März. Bei unserer Rennsteigwanderung von der Ebertswiese aus. Lecker Rostbratwürste aus Floh bei nem halben Meter Schnee.

Schnee lag damals nicht, im November 2004. Warum ich ausgerechnet heute das Foto aus der Kiste fand, weiß ich auch nicht. Vielleicht lag es am Hunger (war wieder mal Joggen statt Abendbrot zu essen). Es war ein Abend in meiner alten Wohnung in der Glockengasse in Erfurt. In meiner kleinen 54-qm-Wohnung in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert. Kleine Küche, Wohn- und Schlafzimmer, ein Bad mit Wanne. Und – eine Terrasse. Im Hinterhof, grün und ruhig. Die Wände aus Naturstein einen halben Meter dick.

An jenem Abend saßen wir drinnen. Elf Freunde waren gekommen. Mit Wein und Bier und Schnaps im Gepäck. Und Hunger. Denn es war der Abend der Martinsgans. Dazu, wie immer eben, Thüringer Klöße und Rotkohl. Selbst geschnibbelt am Tag vorher, angedünstet mit Speck und Zwiebeln. Abgelöscht mit Rotwein und Apfelsaft. Salz, Zimt und Nelken. Eine Nacht stehenlassen. Dann am Vormittag schon einmal kurz zum köcheln bringen, abkühlen lassen.

Dann die Gans füllen. Backpflaumen, Äpfel hinein. Einsalzen und ab in die Röhre. Vier Stunden bei 150 Grad (die zusätzlichen Keulen, damit es für alle reicht, eine Stunde später dazu). Immer wieder mit dem Bratensaft begießen. Am Nachmittag dann die Kartoffeln schälen, die eine Hälfte reiben. Die andere kochen. Das andere Drittel Kloßteig. Mischbrot in Würfel schneiden, in Butter braten. Immer eine handvoll Kloßmasse, die Brotwürfel hinein und formen. Nach der Gans schauen. Rotkohl langsam heiß werden lassen. Mit Gänsefett verfeinern.

Wichtig war und ist besonders bei der Martinsgans das Zeitmanagement. Damit alles zur gleichen Zeit fertig ist. Genau dann, wenn alle Gäste da sind und essen wollen. Es hatte wieder einmal geklappt. Die Gans kurz vor dem Mahl mit Thüringer Schwarzbier übergießen, das gibt ne schöne Kruste. Die Sauce aus Orangen, Portwein und Sahne war dann auch genau richtig auf ein Drittel reduziert. Schnell noch abschmecken und auf den Tisch.

Dann saßen alle, dann aßen alle. Schweigend. Nur ab und an ein „mhmm“, ein „mhmm“ oder ein „mhmm“. Kurze Zeit später war die Gans alle, Klöße und Rotkohl auch. Hinterher gab´s Aromatique. Und Wein und Bier. Und Geschichten aus tausend und einer Martinsgansnacht.

2 Kommentare zu “Bilder aus der Fotokiste IV

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  2. Lecker, lecker. Kann man Martinsgans auch im Sommer essen? Ich mag nicht so lange warten wollen.

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