Fenster zu, Schnauze halten, Licht aus

Offener Brief des ICON-Clubs (via reifenwechsler)

Liebe Freunde!

Am 01.01.2011 ist Schluss!

Wir sind eine der Institutionen im Berliner Nachtleben, mit dem der Senat nur zu gern wirbt. Das bringt der Stadt Geld – uns bringt das leider gar nichts. Zum 01.01.2011 wird uns die Konzession entzogen.

Ein Neubau direkt nebenan – modernes Wohnen im Prenzlauer Berg – teuer und schick. Ein Club vor der Tür passt da leider nicht ins Bild. Zu viele Beschwerden der neuen Anwohner – nicht wegen zu lauter Musik, sondern wegen der Leute auf dem Bürgersteig. Das Bezirksamt Pankow von Berlin verfügt: Wir müssen gehen.

Damit wird erneut ein Stück Berliner Clubkultur zerstört.

Bis Ende des Jahres machen wir weiter wie zuvor und werden alle unsere Lieblings-DJs einladen, noch einmal mit uns die heiligen Hallen zu rocken.
Am 31.12.2010 wird es ein letztes Mal „Icon goes…“ geben. Die Woche davor werden wir feiern bis zum Umfallen.

Wir haben neue Pläne und Ideen, um unseren Traum mit unseren Freunden weiterzuleben. Und wir werden alles dransetzen, weiterhin jenseits von Mainstream und falscher Coolness mit qualitativ hochwertigen Bookings in intimer Atmosphäre all jenen, die uns bisher begleitet haben, ein neues Zuhause zu schaffen.

Pamela, Lars und Team

Das ist nicht mehr lustig. Das geht über Grenzen und unter die Gürtellinie. Das geht gegen unseren Geschmack, gegen unsere Vorstellung des Lebens in Berlin. Kultur wird zerstört, damit Neureiche in SchickiMickiLofts ruhig schlafen können. Erst das SO 36, dann der Knaack-Club, jetzt das Icon. Was kommt danach? Die Biergärten und Kneipen unserer Stadt? Kinos, Bars, Restaurants? Warum nicht gleich das komplette Nachtleben abschaffen? 22 Uhr die Bordsteinkante hochklappen. Fenster zu, Schnauze halten, Licht aus. 

Leben verboten. Nur noch Wohnen erlaubt. Wer es wagt, sich nach Einbruch der Dunkelheit zu amüsieren, wird bestraft. Bußgelder wegen Lärm aus Biergärten und Kneipen sind schon mal ein Anfang. Später folgen Haftstrafen für Widerholungs-Biertrinker, lebenslange Verbannung für unverbesserliche Clubbetreiber. Raucher sind sowieso schon verboten und wer in Zukunft zuhause kifft, bekommt Fußfesseln verpasst.

Prenzlauer Berg wird Sperrgebiet, Einfahrt nur noch mit Sondergenehmigung. Von der bayerischen Regierung. Ja, so hätten sie es gern. Die Damen und Herren Neu-Berliner-Loftbewohner. Das Auto parkt zur Sicherheit auf Augenhöhe, Straßenniveau wird gemieden. Schrippen heißen Weckle und am Wochenende geht´s ins Brandenburgische zum Sternekoch Maultäschle genießen. Und wenn man zurück kommt, liest man genüsslich den Bericht über die Schließung des Clubs nebenan. Da dauert es wohl nicht mehr lange, bis in Prenzlauer Berg nur noch einmal im Jahr eine Party erlaubt ist. Zum Oktoberfest.

2 Kommentare zu “Fenster zu, Schnauze halten, Licht aus

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