Rückflug San Francisco – Berlin. Das mulmige Gefühl anfallender Traurigkeit über das nun endgültige Ende unseres Urlaubs wurde durch die Vorfreude auf deutsches Roggenbrot, Hackepeter aus dem Glas und das eigene Bett etwas gemildert. Auch die Auswahl deutscher Zeitungen und Zeitschriften im Flieger trug dazu bei. Um so mehr war ich gespannt auf die Seite-1-Ankündigung des Rolling Stone auf „Die 50 besten deutschen Alben“.
Klar war mir natürlich vorher schon, dass eine solche Auwahl immer die subjektive Auswahl der Autoren ist. Deshalb erwartete ich auch nicht all zu viele Ost-Deutsche Alben. Sicher würde Udo Lindenberg nicht fehlen, vielleicht eines der ersten HRK-Alben, Kraftwerk, Nina Hagen, Ärzte, Ideal, Grönemeyer, Rio Reiser, die Hosen. Und sie sind natürlich auch alle dabei. Gleich vier Alben von Tocotronic gehören laut Rolling-Stone-Bundesrat zu den 50 besten deutschen Alben. Nun gut, da kenne ich mich so gut aus, um dies beurteilen zu können. Die Nummer eins ist „Monarchie und Alltag“ der Fehlfarben. Das kann ich noch einigermaßen nachvollziehen.
Unverständlich jedoch, warum kein einziges ostdeutsches Album den Weg in die heiligen 50 des Magazins gefunden hat. Vor allem, weil der Untertitel „Zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung“ mehr versprochen hatte. Was ist mit Renft? Gerhard Gundermann, Karussell, Stern Combo Meissen. Ganz zu schweigen von Silly. Oder City, Pankow, Feeling B? Ob nun aus Inkompetenz oder Ignoranz – wieder einmal hat der Qualitäts-Musikjournalismus versagt. Sicher sind die Genannten alles beste Alben. Sicher haben die Jury-Mitglieder ihre Lieblinge ehrlich angekreuzt. Jedoch wirkt es für jeden, der sich auch nur ein bisschen mit Ostrock auskennt, ziemlich unglaubwürdig. Die Jury hat versagt. Oder aber, sie kommt aus dem Westen. Wäre nichts Ungewöhnliches. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung. Aber es ist eben wieder einmal so, wie mit den meisten anderen gesamtdeutschen Dingen. Wir sind denen immer ein Schritt voraus. Denn wir kennen Beides. Da macht die Musik keine Ausnahme.
Pingback: Readers Edition » Brüh im Lichte dieses Glückes - Eine Satire
die auswahl ist eklektizistisch, dass es einen ekelt. kein BAP, dafür zweimal Fischmob? das ist einfach nur lächerlich.
LikeLike
Hab ich gleich verwurstet und stillschweigend „ein Schritt“ zu „einen Schritt“ verwohlfeilert.
Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Musikzeitschrift gebraucht, um mir meine Meinung über meinen Musikgeschmack zu bilden, sowenig wie ich Bestsellerlisten für die Wahl meiner Bücher benötige.
Schönen Dank für die oppulenten Bilder der letzten Wochen. Da waren echte Neidischmacher drunter.
LikeLike