Schlechte Nachrichten aus der alten Heimat. Zuerst muss ich erfahren, dass der Sargdeckel zu ist, wohl endgültig nun. Lange vorher schon schloss unsere alte Stammkneipe, die Apotheke. Einst, Anfang der 90er, eine der angesagtesten Kneipen in Halles Innenstadt. Neben Nöö, Objekt 5 und Bolldorf. Und natürlich dem Sargdeckel. So war die Apotheke in Zeiten unter der Regie von Ex-Tutti-Frutti-Kellner Rudi stets voll und das Essen hoch gelobt. Nach Wirt-Wechsel ging es dann bergab.
Mein schlimmstes Erlebnis war dann irgendwann einmal warmes Hefeweizen. Einen ganze Abend lang. Ohne Erklärung, ohne Entschuldigung, ohne Preisnachlass. Der Anfang vom Ende. Ganze Stammtische zogen sich nach und nach zurück. So auch unserer, einst in der Pirouette gegründeter „immer wieder sonntags“-Stammtisch, der dort, in der Apotheke, immerhin sein 1000. Mal feiern konnte. Einst bei Herrn Ries und Schinkenplatte in besagter Eissporthallengatsstätte, später dann bei Pils und Steak Au Four in der Wohngebietsgaststätte Baltic im Wohnkomplex VIII in Halle Neustadt.
Und jetzt soll wohl auch noch das Theater dran sein. Das Thalia Theater. Es soll nun schließen. Die Stadt Halle will es dicht machen. Kein Geld mehr da. Kein Geld fürs Kinder- und Jugendtheater. Wohl aber, glaubt man den Insidern aus Halle, gibt es Geld für eine neue Werkstatt der Theater. Die alte sei nicht mehr groß genug. Sagt die Stadt. Die alte, die wohl an die oder gar über 100 Jahre lang groß genug war, soll nun für eine Millionensumme neu gebaut werden. „Wenn die dann fertig ist, wird sie wohl zu groß sein“, sagt Halles Theater-Experte Gustav Baumann-Meier. Weil ja dann mindestens ein Theater geschlossen habe.
Andererseits erzählt Baumann-Meier, hätten wohl einige von der Theatermitarbeiter jahrelang vom ewig währendem „Sozialismus“ profitiert. Da seien Frauen fürs Waschen der Kostüme bezahlt, nicht oder nur wenig arbeitende Mitarbeiter durchgeschleift worden. Beispielsweise 1700 Euro für die Waschfrauen. Jeweils. Meier-Baumann: „Nirgendwo wurde wirklich gespart. Das Geld war da, also wurde es bis auf den letzten Cent ausgegeben. Denn wäre vom Zuschuss was übrig geblieben, hätte man ihn im nächsten Jahr gekürzt.“ Ein finanzielles Trauerspiel. Bis der Vorhang fällt.
Und während sich sogar Halles Weltstars für das Theater einsetzen, eine Unterschriftenaktion knapp 18.000 Unterzeichner fand, soll nun am 19. November nochmals über Haustarife und die damit verbundene Eventuell-Rettung geredet werden. Baumann-Meier: „Ein Gehaltsverzicht der Mitarbeiter könnte wohl einen Rettungsschirm für das Thalia öffnen.“ Ein Schirm, dessen Öffnungsmechanismus aber noch niemand kennt. Aber wie auch immer, etwas ist gleich: Entweder man gleitet am Schirm langsam aber sicher zur Erde. Oder aber man stürzt in die Tiefe. Beides endet jedoch am Boden. Dort könnte man dann im Falle des Überlebens noch mal neu anfangen. Denn wenn Thalia und Stadt dort weiter machen, wo sie aufgehört haben, wird es ein Sturz ins Bodenlose.
Wie gut, dass es deinen Blog gibt, sonst würde ich solche wichtigen Nachrichten aus der alten Heimat gar nicht mitbekommen. Am Thalia hängen für mich so viele Erinnerungen, gefühlt jeder zweite Wandertag zu Schulzeiten führte dorthin. Die Wende hat es überlebt und zwei Jahrzehnte danach, und nun soll alles vorbei sein?
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