Deutsches Demokratisches Wortgut XI

Da hamse awer och widder ein Bunz jeschriem, Mann o Mann. Hörte ich letztens mal wieder auf einer Party im Thüringischen. Bunz. Soviel wie Mist, Blödsinn, Quatsch. Wobei man es nicht genau übersetzen kann. Denn Bunz ist eine Kombination daraus. Wenn also einer Müll erzählt, und dabei jeder Zuhörer mitbekommt, dass es Müll ist, dann redet man in einigen Regionen von „Bunz“. Aber auch so manches Zeitungsblatt schreibt Bunz. Oder auch mancher Radiomoderator erzählt solchen. Hör off mit dem Bunz, hörte man auch desöfteren in Erfurt vor der Wende. Manchmal auch jetzt noch. Bunz, Teil elf der bpb-Serie Deutsches Demokratisches Wortgut. Mehr hier.

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Fake

Anlässlich einer Filmpremiere, die ich leider nur aus der Ferne beobachten konnte, ist mir wieder einmal ein gutes altes deutsches demokratisches Wort eingefallen. Allerdings muss ich dieses Mal voranstellen, dass es immer noch existiert. Aber ganz anders. Denn auch heute noch gibt es den oder das Fake. Gesprochen „feik“ bezeichnet es eine Fälschung, ein Imitat oder einen Schwindel, wie Wikipedia zu berichten weiß. Ich meine hier allerdings Fake, gesprochen wie geschrieben, also „fake“. Besonders gern benutzt damals im Satz: „Basse ma off mei Gleener, ich fake dich glei eene.“ Übersetzt etwa soviel wie: Pass mal auf Kleiner, ich hau Dir gleich eine runter.“ Also stand (und steht) „fake“ nicht nur für Schwindeleien. Sondern auch für Hiebe, Ohrfeigen oder Schläge. Die man aber wiederum durchaus verteilen könnte, wenn es wieder mal ein Fake gibt. Nach dem Motto: Das ist doch ein Fake, meener. Dadafür fake ich dir eene. Also: Fake, ein neur alter Begriff aus dem Deutschen Demokratischen Wortgut. Mehr davon gibt es hier.

Schmette

Auf Korfu war´s, in der Hauptstadt Kerkyra. Ein sichtlich aufgeregter und genervter Fahrer einer Schmette brüllte uns aus dem Seitenfenster an. Verstanden haben wir ihn nicht. Er war wohl etwas verärgert, weil wir ihn seiner Meinung nach bedrängt hatten. Wir aber hatten uns ordentlich an die Verkehrsregeln (nach deutscher Art) gehalten. Nun ja, Griechenland ist da etwas anders. Jedenfalls fuhr der Herr in einer alten Schmette. Im Raum Hessen Begriff für eine Schmiede, im Raum Halle an der Saale Synonym für ein heruntergekommenes Fahrzeug. Meist älter und schon mit ein paar Beulen und vielen Kratzern. Zu Ost-Zeiten gab es viele solcher Schmetten in Halle, war doch der Kauf von Neufahrzeugen eine langwierige und schwierige Angelegenheit. Wir hatten im Urlaub übrigens einen Alfa Romeo als Mietwagen. Eigentlich ein schönes Auto. Aber angesichts der vielen Kilometer und Mieter, die das Auto schon hinter sich gebracht hatte, glich es auch eher einer alten Schmette. Und drin war es ganz schön muchtig oder vermucht. Auch zwei schöne Begriffe aus dem Deutschen Demokratischen Wortgut. Doch dazu beim nächsten Mal.

Bejacken

„Heide gönn mor uns ma widder so richtch bejaggen“, sagte jüngst ein Freund aus Halle und meinte damit nicht eine neue Mode. Also nicht den Kauf einer neuen Jacke oder eines schicken Parkas. Bejacken hieß bei uns so viel wie besaufen. Wir haben uns damals in allen erdenklichen Weisen und Arten die Kante gegeben, wenn es hieß: Lass uns heute bejacken. Also sich so richtig die Jacke anziehen. Möglichkeiten gab es damals viele. Mit Bier, also Helles (bloß nicht aus Weißenfels), Pils (nicht unbedingt Sternburg), Korn (egal woher), Goldi (Goldbrand aus Nordhausen, die 0,7-Liter-Flasche zu 14,50 O-Mark), Pfeffi (grün), Apfelkorn (gelb) und Kiwi (rot – alle drei zusammen waren eine Ampel und wurden in diversen Kneipen direkt hintereinander runtergekippt, in der richtigen Reihenfolge – grün, gelb rot), manches Mal auch Whisky (Falkner – noch heute hegen viele Zweifel daran, dass dies richtiger Whisky war) oder auch mal mit ein paar Schlückchen Blauer Würger (Hardcore-Korn), Grubenfusel (Bergbau-Deputat) oder wenn man besonders „drauf war“ mit Prima Sprit (aber nur aus Fingerhüten, das Zeuch hat die Stimmbänder verätzt).  Wein auch, aber wenn, dann Frucht-Tischwein zu 2,75 O-Mark (gab es selten, konnte man aber auf dem Rummel schießen) oder eben der (DDR)-weltberühmte Rosenthaler Kadarka (Schlüpferstürmer). Wie auch immer, wir haben uns oft und regelmäßig bejackt. Bejacken – ein bedeutendes Wort aus der bpb-Serie Deutsches Demokratisches Wortgut.

Loorke (BlaWüLo)

„Jibds hier irjendwo n Becher Loorke?“ Fragte jüngst ein aus Bad Dürrenberg Angereister am Morgen nach einem vergnüglichen Himmelfahrtsabend, bzw. nach jener Himmelfahrtsnacht. Einige schauten verdutzt und fragend, andere wiederum nickten wissend in Richtung Küche. Dort fand unser Freund einen Becher (eine Tasse) und auch die Loorke-Mach-Maschine, den Kaffeeautomaten. Lorke, endlich wieder ausgekramt aus dem Deutschen Demokratischen Wortgut (DDW). Loorke (auch Lorke) fand früher und findet auch heute noch Anwendung für schlechten, dünnen, ungenießbaren, kalten, versauten, zu heeßen oder auch widerlich schmeckenden Kaffee. Oder auch manches Mal für den „juden alden Malzkaffe“. Kaffe, nicht Kaffee. Was man glücklicherweise heute eher selten findet, es sei denn, man bestellt sich Kaffee in ner Imbissbude, war in den alten Ost-Zeiten doch eher mal die Regel. Und deshalb wurde mit so mancher Loorke auch nicht lange gefackelt. „Mach ma n Schuss in de Loorke, das Zeich gann ja geener so saufn“, hieß es dann oft. Und schon waren neue Getränke geboren: WoLo (Wodka-Loorke), WeiLo (Weinbrand-Loorke) oder auch, in ganz miesen Zeiten, BlaWüLo (Blauer-Würger-Loorke). Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte in der bpb-Serie Deutsches Demokratisches Wortgut.

Weitere Schätze aus dem DDW:

Mokchen; Schichtbrot; Aast; Schnongs, Runksen, Hornzje