Der Medien neues Sprachpräkariat

herzlos_01Dass die Frage- statt der Feststellung zum guten Ton gehört, kann und will ich nicht akzeptieren. Nicht nur, das es sich immer wieder gräulich anhört. Geschrieben zeigen diese Fragen  noch mehr ihre Nähe zum Sprachpräkariat (SPP), wo solcherlei herkommt. Die berühmteste kennt jeder: Wie geil ist das denn? Nicht sehr, finde ich. Wenn auch der Duden inzwischen neben der klassischen Bedeutung „(oft abwertend) gierig nach geschlechtlicher Befriedigung, vom Sexualtrieb beherrscht, sexuell erregt“ eine weitere hinzugefügt hat: (salopp) in begeisternder Weise schön, gut, großartig, toll. Mal ganz abgesehen von der im Duden genannten landwirtschaftlichen Geilheit, die einen zu stark gedüngten Boden oder wuchernde Pflanzen beschreibt…

Nein, es geht hier um die Fragestellung, wo es doch eine Feststellung sein sollte. Man könnte ja schreiben: Das ist geil. Das ist schön. Oder auch Das ist Herzlos. Wobei wir beim Thema wären. Sich in derart Fällen des SPP zu bedienen,  finde ich nicht nur überhaupt nicht geil, sondern sprachgestört und unschön noch dazu. Besonders, wenn dies in Medien auftaucht oder von mehr oder weniger angesehenen PolitikerInnen verwendet wird. Wie herzlos ist das denn? titelte jüngst die Mitteldeutsche Zeitung online zu einer Geschichte, bei der ein Junge mit Tierallergie ein Flugzeug verlassen musste (statt des Hundes). Damit nicht genug, bedient sich die MZ auch noch einer weiteren Floskel, die sich ebenfalls aus dem SPP ins Deutsch der (Ein)Gebildeten geschlichen hat: geht mal gar nicht. Ja, da habt Ihr Recht: das geht mal gar nicht.

herzlos_02Da bleibt einem nicht nur die Spucke weg, sondern das macht einen schon ganz schön sprachlos. Eine Hoffnung bleibt: Möge spuk ein unterbezahlter Online-Praktikant sein. Sollte sich jedoch hinter jenem Kürzel spuk ein(e) ausgebildete(r) Redakteur(in) verbergen, wäre das nicht nur gruselig, sondern könnte den Verdacht erwecken, man wolle sich dem SPP annähern. Was wiederum andere unschöne Fragen aufwerfen würde. Und weil es so schön doof aussieht, gleich noch ein Beispiel für blöde Fragen:

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Ziemlich einsilbig

Liebst Du mich noch? Fragt sie den Hans. Klar, sagt der Hans. Doch Zoff in der Luft. Liegt da in der Gruft. So krass und so weit. Aus Neid wird schnell Leid. Kann es nicht ruh´n? Kann es nicht. Es ist wie es ist. Sonst macht das kein´ Sinn.  Weil wir es nicht tun. Was soll das? Es ist doch nicht wahr. Und jetzt auch noch da. Im tun und im nun. Bei dem und im Steh´n? Mit mehr Silben – da würd es auch – im Sitzen noch geh´n.

Frei nach W. Schneider

 

Heimatpost

Es ist endlich da. Das langersehnte zweite Heft der Hörzu-Sonderedition „Heimat“. Für nur drei Euro fuffzich ist das deutsche Magazin nun endlich in die deutschen Läden und Kioske gekommen. Deutschland kann aufatmen. Und sich der Lektüre einer der wenigen Migrantenfreien Magazine widmen. Den Titel zieren niedliche Schafslämmer, die Landschaften dahinter blühen, die Wiesen sind grün. „Endlich Frühling“ heißt denn auch die Schlagzeile auf der eins.

Außerdem werden der Besuch bei einem Korbmacher angekündigt, die Magie des Schwarzwalds oder auch das Leben im Schloss (so wohnt eine Familie hinter historischen Mauern). Ein Schelm, wer dabei an Guttenbergs denkt. Obwohl es gut gepasst hätte, in das 124 Seiten starke deutscheste aller deutschen Magazine. Auch die Inhalts-Vorschau auf den Seiten vier und fünf lässt keine Zweifel aufkommen. Hier ist die Welt noch in Ordnung, hier in Deutschland. Wenn die Natur erwacht, Ein Strauss Frühling, Die Süssen Seiten des Lebens, Schäferstündchen am Deich, Frühling in der Küche…

Selbst bei den Anzeigen hat die zuständige Abteilung ganze Arbeit geleistet. „Fersehen mit Herz“ wirbt für den wewewepunktheimatkanalpunktde: Erleben Sie Fernsehen mit herz! Sehen Sie die schönsten Heimatfilme und bleibtesten Familienserien, Peter Steiners Theaterstadl und volkstümliche Musiksendungen. Ja sicher doch, das machen wir. Gleich morgen wir der kostenpflichtige Heidschibumbeidschi-Kanal bestellt. Viel mehr Anzeigen gibt es denn auch nicht. Obwohl…  Seite 86 wirbt für Iberogast (wird der Magen dir zur Last) und auf der 88 folgt ein weiteres Magenmittel: Schladerer Kirschwasser. Clever, clever. Oder einfach nur akkurrrat deutsch.

Den Höhepunkt, und auch das muss man den deutschen Machern des deutschen magazins lassen, haben sie sich bis zum Schluss aufgehoben. Hier, auf Seite 122, gibt es „Liebeserklärungen an Deutschland, exklusiv natürlich. Unter der Überschrift „Post an die Heimat…“ (das kenn ich doch) „verraten Prominente, welche Gefühle sie mit diesem (Deutsch)Land verbinden. Woran ihr Herz hängt, was ihnen in der Ferne fehlt“. Was ihm in der Ferne fehlt, schildert in Ausgabe zwei der in München (in der Ferne) lebende TV-Moderator Kai Pflaume, geboren in Halle an der Saale. „Kuckucksuhren können durchaus witzig sein“, heißt einer seiner Sätze. Das reicht mir schon. Aber was will einer schon noch sagen. Der Pflaume heißt, aus Halle kommt und sich freiwillig für Bayern entschieden hat?