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Deutschland
Warnemünder Urlaubsfotos
Niemand soll am Sonntag arbeiten dürfen. Deshalb müssen in Warnemünde und anderswo an der Ostsee jetzt die Läden schließen. Weil niemand arbeiten soll, am heiligen Sonntag. Jetzt muss jedoch das Ordnungsamt genau zu dieser Zeit arbeiten. Um zu kontrollieren, ob sich die Geschäfte auch an die von der Kirche verordneten Schließungszeiten halten. Willkommen in Deutschland. Was wohl Thilo dazu sagen würde?
Heimatpost
Es ist endlich da. Das langersehnte zweite Heft der Hörzu-Sonderedition „Heimat“. Für nur drei Euro fuffzich ist das deutsche Magazin nun endlich in die deutschen Läden und Kioske gekommen. Deutschland kann aufatmen. Und sich der Lektüre einer der wenigen Migrantenfreien Magazine widmen. Den Titel zieren niedliche Schafslämmer, die Landschaften dahinter blühen, die Wiesen sind grün. „Endlich Frühling“ heißt denn auch die Schlagzeile auf der eins.
Außerdem werden der Besuch bei einem Korbmacher angekündigt, die Magie des Schwarzwalds oder auch das Leben im Schloss (so wohnt eine Familie hinter historischen Mauern). Ein Schelm, wer dabei an Guttenbergs denkt. Obwohl es gut gepasst hätte, in das 124 Seiten starke deutscheste aller deutschen Magazine. Auch die Inhalts-Vorschau auf den Seiten vier und fünf lässt keine Zweifel aufkommen. Hier ist die Welt noch in Ordnung, hier in Deutschland. Wenn die Natur erwacht, Ein Strauss Frühling, Die Süssen Seiten des Lebens, Schäferstündchen am Deich, Frühling in der Küche…
Selbst bei den Anzeigen hat die zuständige Abteilung ganze Arbeit geleistet. „Fersehen mit Herz“ wirbt für den wewewepunktheimatkanalpunktde: Erleben Sie Fernsehen mit herz! Sehen Sie die schönsten Heimatfilme und bleibtesten Familienserien, Peter Steiners Theaterstadl und volkstümliche Musiksendungen. Ja sicher doch, das machen wir. Gleich morgen wir der kostenpflichtige Heidschibumbeidschi-Kanal bestellt. Viel mehr Anzeigen gibt es denn auch nicht. Obwohl… Seite 86 wirbt für Iberogast (wird der Magen dir zur Last) und auf der 88 folgt ein weiteres Magenmittel: Schladerer Kirschwasser. Clever, clever. Oder einfach nur akkurrrat deutsch.
Den Höhepunkt, und auch das muss man den deutschen Machern des deutschen magazins lassen, haben sie sich bis zum Schluss aufgehoben. Hier, auf Seite 122, gibt es „Liebeserklärungen an Deutschland, exklusiv natürlich. Unter der Überschrift „Post an die Heimat…“ (das kenn ich doch) „verraten Prominente, welche Gefühle sie mit diesem (Deutsch)Land verbinden. Woran ihr Herz hängt, was ihnen in der Ferne fehlt“. Was ihm in der Ferne fehlt, schildert in Ausgabe zwei der in München (in der Ferne) lebende TV-Moderator Kai Pflaume, geboren in Halle an der Saale. „Kuckucksuhren können durchaus witzig sein“, heißt einer seiner Sätze. Das reicht mir schon. Aber was will einer schon noch sagen. Der Pflaume heißt, aus Halle kommt und sich freiwillig für Bayern entschieden hat?
Wunder Po Baby
Ist es noch ein Wunder? Nein. Ist es nicht. Das Wunder Deutschland. Das Wunder in Deutschland. Es lebt in uns, mit uns. Ohne Wunder, das wäre wie ohne Bockwurst. Ohne Bier. Keine Frage. Wir sind das Land des Wunders. Auch wenn es immer mal wieder eins außerhalb gibt. In Chile. Oder damals in Bern. Aber auch das war ja ein deutsches. Oder gerade eben wieder. Ein Wunder, dass in Schmalkaden niemand zu Schaden kam. Als sich die Erde auftat. Wie durch ein Wunder.
Es begann mit Zarah Leander. Die es immer schon gewusst hat. Dann kam das Wirtschaftswunder. Gefolgt vom Jobwunder. Wir sind die Wunderkinder. Sang dann irgendwann einmal sogar Oberschlaulehrer Heinz Rudolf Kunze. Wir im Osten hatten das das Blaue Wunder von Dresden. Drüben gab es das Wunder D-Mark. Hüben das Wunder Westpaket. Dort das Wunder Aufschwung. Hier das Wunder 115 Prozent sozialistische Planerfüllung. Später dann das Wunder Wende. Für manchen war dann sogar die Einheit ein Wunder. Wie wunderlich. Mal abgesehen vom Wunder der Schöpfung (oder ist es eher das Wunder der Evolution?) Zumindest gibt es eins, dass all diese Wunder verbindet: Wir haben uns mit ihnen abgefunden. Ohne uns zu wundern. Aber es gibt eben immer mal wieder was Neues. Wie das Wunder Po Baby, zum Beispiel.
Spiegelverkehrt
„Ich war kein Freund der Wiedervereinigung. Das mal vorweg. Von mir aus hätte es damals keine Revolution geben müssen. Ich war damals 14 Jahre alt und versprach mir persönlich nichts davon…“ So beginnt ein Essay in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Der Spiegel“ unter dem Titel „Wir Westalgiker“ von Markus Feldenkirchen. 14 war er also. Damals. 1989.
Am Ende des Zwei-Seiten-Gejammers über seine ostfreie Jugend und die Folgen der Globalisierung (ja, die ist an allem Schuld, und nicht die Einheit) schreibt der Spiegel: Vom Autor ist soeben ein Wenderoman erschienen…