Die schönste Zeit im Jahr für Genussmenschen wie mich ist doch immer wieder dann, wenn sich Spargel- und Erdbeerzeit überschneiden.
Erdbeeren
Beerige Verarsche
Manchmal freue ich mich über Sonderangebote. Oft lasse ich sie aber auch links liegen. Da ich ihnen nicht trauen will. Oder nicht kann. Wie gestern. In einem großen Supermarkt in den Schönhauser Allee Arkaden. Aktion! Aktion! Aktion! Erdbeeren. 8 Schalen für 1,75 Euro. Oder eine 250-Gramm-Schale für 22 Cent. Zwei.Und.Zwanzig Cent. Für 250 Gramm Erdbeeren. Das kann nicht sein. Das können keine Erdbeeren sein. Mal ganz davon abgesehen, dass ich im Februar keine Erdbeeren essen will. Und deshalb auch keine kaufen werde. Aber davon mal abgesehen. Wenn ein Kilo Erdbeeren 88 Cent kostet, dann MUSS da was faul sein. Sicher nicht die Nuss (zu denen die Erdbeeren gehört). Denn bei einem geschätzten sehr hohen Wasseranteil kann bei diesen Dingern, die als Erdbeeren verkauft werden, kaum etwas faulen.
Aber etwas anderes stinkt gewaltig. Bei 88 Cent für ein Kilo Obst ist ja noch nicht einmal Aufzucht und Ernte bezahlt. Geschweige denn Transport, Verpackung, Bereitstellung. Allein das Schild, auf dem die 22-Cent-Aktion angekündigt wurde, hat mehr gekostet. Nun kann man spekulieren, dass dies lediglich ein Köder ist, um den Kunden in den Markt zu locken. Klappt vielleicht auch bei Manchen. Bei mir nicht. Beeerige Verarsche, dachte ich mir. Und bin zur Konkurrenz gegangen. Tiefkühl-Lasagne koofen.
Ich bin so wild nach Deinem Erdbeerhof
Vor den Augen fängt es an zu Flimmern, das Herz rast und das Hirn bittet dringend um andere Bilder. Alles ist blau und rot und weiß. Es gibt alles und doch gibt es nichts. Nichts, das man braucht. Aber alles, was man brauchen könnte. Hier, an der Bundesstraße 105 zwischen Rostock und Stralsund, hat ein gewisser Karl eine ganze Welt Begehrlichkeiten geschaffen, die vorher nicht vorhanden waren. Aus Erdbeeren wuchs hier ein Kaufrauschhaus voller Ramsch und Kram.
Tausende von Leuchttürmen und Schiffen türmen sich hier auf, als wolle man den Weltmarkt samt China mit den Modellen überschwemmen. Jedes einzelne Modell mit einem Pappschildchen versehen, das es eindeutig als Produkt von Karls Erdbeerhof ausweist. Zwischendrin Hektoliterweise Erdbeer- und alle anderen Fruchtweine, Schnaps und Bier. Die Regale reichen bis unter die acht Meter hohe Decke, sind endlos lang und scheinen sich selbst automatisch mit neuen Produkten zu versorgen.
Wer es schaftt, nichts zu kaufen, soll wenigstens gucken. Sieht man nach oben, kann man sich an ziemlich genau 13.267 Kaffeekannen erfreuen. Unter der Decke des riesigen Bauernmarktes (Eigenname) steht die (2009) weltgrößte Sammlung (Eigenwerbung) dieser Kännchen. Und während sich Radfulf-Kevin und Klein Cindy im Tobeland vergnügen, schaut Mama Cindy zu, wie in der Marmeladenküche frisches Erbeergelee gekocht, abgefüllt und verpackt wird. Eine reife Leistung, denn immerhin gibt es das eigentliche Hauptprodukt des Hofes wegen der fehlenden Sonne und Wärme erst in zwei Wochen.
Macht aber nix, interessiert keinen. Draußen glüht der Grill und Bratwürste, Steaks, Fleischspieße und Pommes gehen auch lange vor der Erntezeit der süßen Früchte zentnerweise über den Tresen. An der nächsten Ecke gibts Fischbrötchen und Bier, und Kaffee und Limonade. Die Kleinen fahren mit der Traktorbahn, drehen Runden im Fliegenden Kuhstall, die Alten gönnen sich eine Portion Spargel (den gibts schon) sowie ein Gläschen Erdbeerwein vom vergangenen Jahr. Ein guter Jahrgang, hört man an es an den Tischen tuscheln.
Gerade fährt noch ein Reisebus vor. Die Rentnertruppe aus Sachsen will zur Erdbeerbonbonmanufaktur und anschließend Erdbeertorte. Die gibt es aber eben noch nicht, Himbeertörtchen machen´s aber auch. Dann geht es noch vorbei an der Hasenbahn zum Dorfkrug. Dort fließt der Wein und auch das Bier aus dem Hahn und nebenan gleich noch ein paar „original von uns“ gesammelte Bernsteine.
Wer Karl sein Erdbeerhof verlässt, hat wenistens eine Tüte in der Hand und auf alle Fälle weniger Geld in der Tasche. Auch wenn es gar keine Erdbeeren gibt. Karl weiß eben, wie man das macht. Aus Scheiße Bonbon, hätte meine Oma dazu gesagt. Aber nicht bös gemeint, hätte sie auch noch gesagt. Denn immerhin: der Eintritt ist frei und fotografieren darf man auch wann und was man möchte. Im Gegensatz zu anderen, die mit ihren künstlich geschaffenen Begehrlichkeiten jeden und alle abzocken. Und Karl setzt noch einen drauf. Sogar auf dem Klo kann man hier noch was erleben. Deshalb auch Erlebnis-, und nicht mehr Erdbeerhof.
Ein wenig Duft wie Sommer
Gestern auf dem Weg nach Hause, mit dem Fahrrad. Ein Duft in der Luft. Ein wenig Blütenduft, irgendwo war ein Grill an, dazu der frische Wind von der Spree herauf. Was ist das, wie riecht das? Ein wenig wie Sommer, dachte ich so bei mir. Endlich. Da ist der Spargel nicht mehr weit, die Erdbeeren. Das Hefeweizen im Biergarten ist sogar schon da.
Frühlings-Morgen am Berliner Humboldthafen, mit Charité und Fernsehturm
Ein Abend mit Freunden oder Die Spargel-Fatsche
Ein schöner Freitagabend im Mai. Es ist schon warm, auch abends ist es auf der Terrasse schon angenehm. Besonders schön ist es, wenn man dann bei Freunden ist. In diesem Fall in Trechwitz im Brandenburgischen. Gleich neben Kloster Lehnin. Viel Grün, viel Wasser, ein Vogelschutzgebiet.
Der richtige Rahmen für eine Spargel-Fatsche. Was eine Fatsche ist? Eine Fatsche ist ein Ereignis, zu welchem sich Personen der unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten versammeln. Es handelt sich hierbei um eine megasuperobergenialehammermäßigenichtübertreffliche Zusammenkunft vieler partyverrückter Menschen, die sich in regelmäßigen Abständen treffen um ihre Kontakte zu pflegen sowie ihre Lust am Feiern und liquiden Bedarf zu stillen.
Ja, und dieses Mal war der Spargel dran. Sozusagen als Haupt-Act. Beginnend in einer Art Zusammenschluss mit Räucherlachs und Kräutern. Den Spargel vorher zehn Minuten gedünstet. Den Lachs noch unter den warmen Spargel gehoben, Kräuter, Pfeffer, Salz, fertig. Gefolgt vom Klassiker. Spargel gekocht, noch mit etwas Biss. Dazu Schnitzel, Schinken, Kartoffeln, Sauce Hollandaise und natürlich braune Butter mit gerösteten Semmelbröseln. Als Dessert ein Salat aus rohen marinierten Spargel-Scheiben und frischen halbierten (deutschen) Erdbeeren. Etwas Zucker, Salz, Grüner Pfeffer, ein Schuss Olivenöl. Dazu gab es noch frisches Brot und ein 2006er Chablis sowie Weißbier und abschließend Cuba Libre. Und natürlich jede Menge Unterhaltung mit den Freunden. Perfekt.
Spargel pur, mit Erdbeeren, mit Lachs, dazu Chablis, Weißbier und braune Butter