Jedem NYC-Besucher bestens bekannt ist die Staten Island Fähre, die man kostenlos nutzen kann. Und somit ist auch so ziemlich jeder Besucher einmal mit der Fähre gefahren. Eine weitere kostenlose Fähre ist die sogenannte IKEA-Fähre. Sie gehört zum New York Water Taxi und ist (nur) am Wochenende kostenfrei. Ziel der Fähre – das sagt der Name schon – ist IKEA. IKEA Brooklyn. Das schwedische Möbelhaus hat hier – was auch sonst – selbstverständlich sieben Tage in der Woche geöffnet. Damit auch am Wochenende genug Kunden den Weg zum Geld ausgeben finden, zahlt der Konzern die Wochenendtouren der Taxi-Fähre. Natürlich kann man – und das haben wir gemacht – die Fähre auch zunächst auf dem Rückweg nutzen und die eigentliche Hinfahrt zur Rückfahrt (ein Tipp unserer Freunde in Brooklyn).Eigentlicher Start ist am Pier 11/Wall Street in Manhattan, Ziel ist IKEA in Red Hook/Brooklyn. Da wir in diesem Jahr etwas alternativ unterwegs waren, haben wir es also anders gemacht. Zuerst ging es mit dem Bus von Park Slope (7th Ave/9th St) nach Red Hook. Die Bushaltestelle dort kann man nicht verpassen, steht doch dort das so ziemliche jeder und jedem bekannte blau-gelbe schwedische Möbelkaufhaus. Wenn man dann, den auf gefühlte fünf Grad Celsius heruntergekühlten, Bus verlassen hat, erreicht man (im Juni bei gefühlten 30 Grad Celsius) in wenigen Fuß-Minuten den Fähranleger. Erwischt man die Fähre noch, geht es innerhalb kurzer Zeit los und schon legt der Katamaran wieder an. Denn es gibt am Fairway Market Red Hook eine Zwischenstopp.
Doch nach weiteren wenigen Minuten setzt die Fähre ein paar Meter zurück, wendet auf der Stelle und nimmt dann (so richtig) Fahrt in Richtung Manhattan auf. So schnell die Fahrt losging, ist sie auch schon wieder vorbei und wir sind inmitten Downtown Manhattans. Eine kurze, aber sehr sehenswerte Fährfahrt, denn man hat sehr gute Blicke auf Governors Island und auf die Skyline von Downtown Manhattan… Was die East River Ferry alles kann – später mehr an dieser Stelle.
Ikea
Mein Traum von einem Sofa
Ein Tag im Frühjahr 1989. Es ist 5 Uhr morgens. Im Stahl- und Walzwerk Maxhütte arbeitet noch die Nachtschicht. Die
Zwangsarbeiter der Tagschicht sind aber bereits unterwegs. Im Gleichschritt geht es von den Knastbaracken der Justizvollzugsanstalt Unterwellenborn hinunter zu den verrußten Werkhallen. Die Schritte hallen durch den Morgen. Sonst herrscht Schweigen. Die Gesichter der Männer unter den Schirmmützen sind kaum zu erkennen. Dafür leuchten die gelben Streifen auf ihren Jacken und Hosen weit ins Thüringer Land.
Es sind Stoffstreifen, die nicht auf-, sondern eingenäht sind. Damit man bei einer möglichen Flucht von Hunden und Verfolgern immer noch gesehen wird. Sollte man die Streifen vorher entfernen, blitzt in gleicher Größe Haut oder Unterwäsche hindurch. Ja, es war nicht alles schlecht. Damals. Vor 1945. Der Trick mit den eingenähten gelben Streifen stammt ausnahmsweise mal nicht nicht von der Stasi. Und auch nicht vom DDR-Strafvollzug. Eingenähte gelbe Streifen hatten sich vorher schon ganz andere zu Nutzen gemacht.
Der Marsch-Zug mit den Männern ist angekommen. Kurz vor 6 Uhr, Schichtwechsel. Es geht in die Werkhalle, gleich neben der großen Walze. Die Wände sind hoch, schwarz von Ruß und Dreck. Wages Dämmerlicht schleicht sich durch die etlichen Ritzen im Dach, kämpft gegen das kalte Werkhallenlicht der vergilbten und nur noch teilweise funktionierenden Leuchtstoffröhren an der Decke weit oben. Eine große Tafel zeigt das Ergebnis der Nachtschicht.
Soundsoviele Tonnen. Das müssen wir überbieten. Heißt es. Wie jeden Tag. Denn egal, ob drüben im zivilen oder hier im abgesperrten Bereich der Verurteilten: Der sozialistische Wettbewerb gilt schließlich überall. Also ran an die Walze. Und vor allem an die Luftdruckhämmer. Im Minutentakt kommen die zehn Meter langen Walzstücke heraus. Die Männer befördern die sogenannten Halbzeuge mit Kanteisen und Muskelkraft in die Kühlgrube. Bis drüben der Hochofen neu gefüllt wird.
Dann geht es an die Luftdruckhämmer. Jeder der Männer holt aus einem Versteck einen Stahlmeißel. Die sind auch hier rar und werden deshalb nicht nur gepflegt (gut, wer PA-Erfahrungen hat), sondern vor allem bei Schichtende versteckt. Die Meißel passen genau in die Rohrstücken der Hämmer. Der Vorarbeiter hat inzwischen die Stellen auf den Halbzeugen eingekreidet, die schadhaft sind. Mit einem Schlag wird es laut in der Halle. Nun ist kein Wort mehr zu verstehen. Stahlmeißel hämmern mit hohem Luftdruck auf Stahl. Fressen sich hinein, meißeln nach und nach Risse und Luftblasen aus den dicken Walzstücken.
18 Uhr. Schichtwechsel. Das Ergebnis der Nachtschicht um eine halbe Tonne überboten. Das gibt Nachschlag beim Essen. Und Punkte beim Schließer. Es geht zurück im Gleichschritt. Zurück zu den Baracken. Dann wird geraucht. Und noch eine Runde Karten gespielt. Es gibt noch einen Schluck aus der Schüssel mit dem vergorenen Sauerkirschkompott. Das dreht. Ein klein wenig zumindest. Besser kommt das durch Brot gefilterte Rasierwasser. Gemischt mit Schwarztee. Und viel Zucker. Der Verweigerer wird zwar deshalb heute Nacht eine Nierenkolik erleiden. Und niemand wird helfen. Oder gar einen Arzt holen. Aber es dreht. In diesem Moment.
Und dann ist auch schon Einschluss. Der kleine und der große Dieb, der harmlose und der gefährliche Schläger, der Betrüger und der Verweigerer, der Aufrechte und der Unfallverursacher, der Friedensdenker und der Republikflüchtige legen sich hin. Licht aus. Kopfkino an. Die meisten träumen von der Freundin daheim. Von der Freiheit. Ich träume vom Paradies, von dem ich gehört habe. Ein Paradies, in dem man nicht in die heiße Hochofenhölle muss. Sondern in kühlen Tischlerwerkstätten Sofas für eine Firma aus dem kapitalistischen Ausland bauen darf. Was für ein schöner Traum.