Sie ließen sich nicht einfach abwickeln wie die DDR. Man konnte sie nicht einfach abreißen wie den Palast der Republik in ihrem Rücken. Stolz und schön standen die beiden zu Bronze erstarrten Ikonen der Kommunisten auf ihrem Platz zwischen Fernseturm, Rathaus und Spree. Marx und Engels hielten, was andere versprachen: Ein Reiseziel mit Klasse, wenn es auch nur die Arbeiterklasse war. Doch kaum ein anderes Denkmal wird mehr besucht, mehr fotografiert als die beiden übergroßen Überväter des bei ihrer Einweihung schon recht schwankenden Sozialismus. 1986, als schon große Teile der volkseigenen Industrie im Konsumgüterproduktionsrausch untergangen waren, erblickten sie das Licht Ost-Berlins. Natürlich immer der Zukunft zugewandt, in Richtung aufgehender Sonne. Nun geht es andersrum. Weil unter ihnen die Tunnel für die neue U-Bahnlinie 5 gebaut werden, müssen Karl und Friedrich umziehen. Ein paar Meter weiter, hin zur Spree in Richtung Karl-Liebknecht-Brücke. Was die beiden nicht weiter stören würde. Wäre da nicht die neue Blickrichtung. Gen Westen.
Marx-Engels-Forum
Niveau hochnäsiger Schwaben-Kaschemmen
Der Palast der Republik hat es nun fast geschafft. Dann ist er weg. Endlich, werden alle West-Berliner sagen, endlich ist Honeckers sozialistischer Asbest-Lampenladen weg. Dann können sie endlich ihr Schloss hinbauen. Oder das, was einmal Humboldt-Forum heißen soll. Mit viel Fassade und wenig dahinter.
Doch das Plattmachen Ost-Berlins geht ja noch viel weiter. In den Hinterstübchen der Senatsverwaltung und bei den bürgerlich-konservativen Stammtischen in Zehlenburg-Charlottendorf hat man doch die Ex-Hauptstadt der DDR längst neu aufgeteilt und verplant. Schon wird öffentlich über die Zukunft des Marx-Engels-Forums diskutiert. Wieviel bleibt von der Hauptstadt der DDR? fragt Matthias vom Hauptstadtblog. Tja Matthias, wahrscheinlich nicht viel.
Wenn erst auf dem ehemaligen Marx-Engels-Forum das Bürgertum West in seine Ein-Millionen-Euro-Zweit-Eigentumswohnung zieht und der Neptunbrunnen „mit Hofstaat, Putten und Meeresgetier“ auf dem Schlossplatz steht. Dann zieht auch der allerletzte Ost-Berliner aus Prenzlauer Berg und Mitte weg. Naja, die Kneipen dort haben jetzt schon teilweise das Niveau hochnäsiger Schwaben-Kaschemmen: hoch im Preis, niedrig beim Service. Da können sie eigentlich auch ihre alte Bürgertums-Mitte wieder hinbauen. Das ist Gentrification in einer ganz neuen Form. Aber auch schon wieder ein anderes Thema. Und vor allem schwer verdächtig.
Palast ohne Palast