Lost

Auf dem Weg vom Flughafen zu unserer Unterkunft in Park Slope – allerdings ohne Gepäck

Hat uns nun also auch mal erwischt. Nach ziemlich viel Chaos auf dem Flug nach New York kamen wir am Montag gut hier an, allerdings ohne Gepäck. Als wir es im Baggage Claim vom Band nehmen wollte, war da nichts. Jedoch stand unser Name auf einem Schild. Kein gutes Zeichen. Hier käme jetzt das F-Wort, das ich aber während meines Urlaubs weder sagen noch schreiben möchte, das habe ich den Kindern meiner Freunde hier versprochen.

Also: Flug LH177 Tegel-Frankfurt, Sonntag, 30. September 2018. Ein SONNTAG! Also, was soll schon sein? 8.45 Uhr ist Abflug, also reicht die Taxe 7 Uhr ab Pankow. Und siehe da: Wir sind 20 Minuten später am Check in. Zusammen mit etwa 500 anderen Fluggästen. Was ist da los? Hat die Lufthansa wieder den 747-Jumbo aus der Oldtimer-Garage geholt? Mitnichten. Hier werden an drei besetzten Schaltern (angeblich Schalter 24 bis 31) alle Passagiere aller Lufthansa-Flüge der nächsten drei Stunden abgefertigt. Was soll das? Was für ne idiotische Idee verbirgt sich dahinter? Scheinbar keine.

Es geht voran, aber langsam. Ganz langsam. Gibt es eine Steigerung von ganz langsam? Stillstand? So sieht´s jedenfalls aus. Als das Boarding näherkommt, wird glücklicherweise unser Flug bevorzugt bedient. Check In geschafft.  45 Minuten bis zum geplanten Abflug.

Nun weiter zum Sicherheits-Check. War klar: Auch dort eine Schlange, so lang wie damals im Osten, wenn´s ausnahmsweise mal keine Kuba-Orangen, sondern essbare Apfelsinen in der HO-Kaufhalle gab. Dort das gleiche Spiel wie eben: Es geht nicht voran. Scheinbar gar nicht. Warum? Weil in der Schlange vor dem Tegel-Gate A06 wiederum alle Passagiere der fünf Flüge stehen, die in den nächsten Stunden von A06 starten. Wir werden langsam nervös. Das geht schief, denken wir. Noch 20 Minuten bis zum geplanten Abflug.

Ich gehe zum Beginn der Schlange, um mehr zu erfahren. Was ich höre, ist nicht lustig: Es gibt nur zwei Sicherheits-Menschen, die die Schleuse dort und alles andere bedienen. Jetzt weiß ich definitiv: Das geht schief. Wir verpassen unseren Flug. Keine Frage. Bis sich eine Stewardess in der Schlange etwas traut. „Alle Passagier von Lufthansa 177 nach Frankfurt folgen mir jetzt“, ruft sie und hält einen Arm in die Luft gestreckt, während sie sich an den anderen Wartenden vorbei drückt.

Dann schallt es auch schon aus den Lautsprechern: „Letzter Aufruf für…“ Fünf Minuten später sitzen wir im Flieger, minus zehn Minuten bis zum geplanten Abflug.

Wer hätte das gedacht: Punktlandung in Frankfurt. Allerdings kurvt der Airbus mehrfach ums Rollfeld, macht zwischendrin ne Vollbremsung und wird zu einem ganz anderen Gate geleitet, als geplant. Folge: Wir müssen einmal den kompletten Flughafen durchqueren. Inklusive Sicherheits-Check, Kontrolle Bundespolizei, zweite Kontrolle der US-Behörden. Irgendwann sitzen vollkommen fertig im Flieger. Zeit bis zum geplanten Start: Null Minuten.

Der Flug im A380 der Lufthansa war dann ganz angenehm, außer einigen Verhaltensweisen anderer Passagier. Aber das ist eine andere Geschichte. Folge des ganzen Tegel- und Frankfurt-Chaos: Wir kommen auf dem JFK in New York an, unser Gepäck nicht. Wie es weiter ging? Dieser Tage an dieser Stelle.

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One World Observatory

Natürlich muss man, kann man, in einem NYC-Alternativ-Urlaub trotzdem touristische Pfade betreten. Zumindest dann, wenn es etwas neues Spannendes gibt, das man zuor noch nicht gesehen hat. Dazu zählte in diesem Jahr der Blick aus 380 Meter Höhe auf New York und das umgrenzende Land. Der Besuch auf dem One World Observatory verprach viel – und hielt alles. Allein die Lift-Fahrten im Freedom Tower rauf und runter sind spektakulär. Sogar unsere Befürchtung der langen Wartezeit wegen war umsonst: von Ankunft unten bis zum Ausblick oben vergingen keine 20 Minuten. Etwas mulmig wurde uns nur, als gar nicht so weit entfernt immer wieder Flugzeuge vorbei flogen, auf ihrem Weg zum LaGuardia Airport. Die Erinnerungen an 9/11 werden spätestens dort oben bei jedem wieder wach. Und – wer etwas feinfühlig ist wie ich – der spürt, wie sich der Turm im Wind leicht bewegt… Auch etwas gewöhnungsbedürftig. Auf jeden Fall auch bei einer Alternativ-Reise immer wieder einen Besuch wert.  owo_01 owo_03 owo_04 owo_05 owo_06 owo_07 owo_08 owo_09owo_10

NYC alternativ: Bedford Stuyvesant

Kein Timesquare, kein Empire State Building, kein Central Park: Unser Urlaub in New York sollte dieses Mal ein anderer werden. Und er ist es geworden. Dank unserer vorangegangenen Reisen in die Stadt der Städte hatten wir genug von all den „normalen“ Zielen aus den Reiseführern. Es wäre Zeitverschwendung, das alles noch einmal zu machen. Also mussten Alternativen her. Die erste hieß Bedford Stuyvesant – der Kürze wegen in NYC einfach Bed Stuy genannt.

bed_04Viel ist geschrieben worden über diesen Stadtteil Brooklyns, der sich wie ein Keil unter Williamsburg und Bushwick schiebt. Es sei einer der letzten noch nicht gentrifizierten Teile New Yorks. Heißt es. Hier sei doch die Seele der alten Bewohner anzutreffen, weit weg von Luxuswohnen und Restaurants und Bars. Wir waren wohl etwas zu spät. Denn genau das haben wir gefunden: Teures Wohnen und schicke Restaurants. Klar, es gibt sie noch – die alten Bewohner. Man sieht sie in den Fastfoodketten sitzen, vor unsanierten Häusern stehen, auf den Hauptstraßen spazieren und besonders in der Nähe der heruntergekommenen Shoppingmeilen im Zentrum des Stadtteiles überwiegen noch die eigentlichen Einwohner Bedford Stuyvesants.bed_08Wo man sie nicht sieht, ist in den schicken Seitenstraßen mit den endlosen Reihen von Brownstones, den typischen Häusern hier in Brooklyn. Die meisten sind saniert und in den Parkbuchten davor parken deutsche Luxuslimousinen neben großen amerikanischen SUV. Wo man die alten Bewohner ebenfalls nicht sieht, ist in den schicken Restaurants und Bars, die das Viertel erobern. Der Wandel hat hier schon längst begonnen und von den alten und armen Bewohnern wird sich das hier bald keiner mehr leisten können.bed_09Die Geschichte ist am Ende in vielen Teilen der Stadt (und in jedem andren Land) die gleiche: Vor der Gentrifizierung kaufen sich die, die es sich leisten können, für relativ wenig Geld (aus deren Sicht) ein Haus, im Falle Brooklyn ist das meist ein Brownstone. In Bed Stuy soll man so ein Haus vor zehn Jahren für 50.000 Dollar bekommen haben. Häuser, die nun siebenstellige Werte haben. Genauso läuft das in Red Hook oder in Bushwick, zwei weiteren Stadtteilen Brooklyns, in denen sich der Wandel vollzieht oder schon vollzogen hat. Trotz allem oder gerade deswegen war der halbe Tag in Bed Stuy ein besonderer und gehört ab sofort in jeden Reiseführer New Yorks. bed_06bed_01 bed_07bed_03bed_05