Niveau hochnäsiger Schwaben-Kaschemmen

Der Palast der Republik hat es nun fast geschafft. Dann ist er weg. Endlich, werden alle West-Berliner sagen,  endlich ist Honeckers sozialistischer Asbest-Lampenladen weg. Dann können sie endlich ihr Schloss hinbauen. Oder das, was einmal Humboldt-Forum heißen soll. Mit viel Fassade und wenig dahinter.

Doch das Plattmachen Ost-Berlins geht ja noch viel weiter. In den Hinterstübchen der Senatsverwaltung und bei den bürgerlich-konservativen Stammtischen in Zehlenburg-Charlottendorf hat man doch die Ex-Hauptstadt der DDR längst neu aufgeteilt und verplant. Schon wird öffentlich über die Zukunft des Marx-Engels-Forums diskutiert. Wieviel bleibt von der Hauptstadt der DDR? fragt Matthias vom Hauptstadtblog. Tja Matthias, wahrscheinlich nicht viel.

Wenn erst auf dem ehemaligen Marx-Engels-Forum das Bürgertum West in seine Ein-Millionen-Euro-Zweit-Eigentumswohnung zieht und der Neptunbrunnen „mit Hofstaat, Putten und Meeresgetier“ auf dem Schlossplatz steht. Dann zieht auch der allerletzte Ost-Berliner aus Prenzlauer Berg und Mitte weg. Naja, die Kneipen dort haben jetzt schon teilweise das Niveau hochnäsiger Schwaben-Kaschemmen: hoch im Preis, niedrig beim Service. Da können sie eigentlich auch ihre alte Bürgertums-Mitte wieder hinbauen. Das ist Gentrification in einer ganz neuen Form. Aber auch schon wieder ein anderes Thema. Und vor allem schwer verdächtig.

Palast ohne Palast

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Ihr habt uns den Palast genommen, jetzt nehmen wir Euch Tempelhof

Beim Berliner Volksentscheid für den Erhalt des Flughafens in Tempelhof haben 530.000 Berliner dafür gestimmt. Zu wenig. Denn es fehlen über 70.000 Ja-Stimmen. Der Knackpunkt war der Osten Berlins. Hier stimmten in fast allen Stadtbezirken mehr Berliner gegen Tempelhof. Während der Westen der Hauptstadt überall mehr Ja-Stimmen hatte.
Eine Parole machte in Ost-Berlin am Wahlsonntag die Runde: Ihr habt uns den Palast genommen, jetzt nehmen wir Euch Tempelhof. Hat geklappt.
Doch während der Abriss des Palastes in den letzten Zügen liegt, wird das unter Denkmalschutz stehende Flughafengebäude wohl auch in Einhundert Jahren noch stehen. Dann, wenn längst Gras über den Palast gewachsen ist.

JA/NEIN Stimmen in Prozenten der Teilnehmer: Pankow 34/66; Lichtenberg 30/70; Marzahn-Hellersdorf 35/65; Friedrichshain/Kreuzberg 40/60; Treptow-Köpenick 44/56; Mitte 59/41; Reinickendorf 77/23; Spandau 76/24; Steglitz/Zehlendorf 74/26; Tempelhof/Schöneberg 70/30; Neukölln 74/26; Charlottenburg/Wilmersdorf 72/28

Nur noch ein trauriges Gerippe – der Palast der Republik