Nun ist Schluss in Prenzlauer Berg. Überfüllt, ausgelastet, fertig. Nichts geht mehr im neuen alten In-Viertel der Zugereisten. Man ist reich, hat Kinder und n Luxus saniertes Penthouse. Oder aber auch ne Wohnung ein Stockwerk tiefer, wenn man damit leben kann. Hauptsache die Nähe zum Kollwitzplatz. Das war bisher die Devise.
Doch damit ist Schluss. Denn die Gentrifizierung ist abgeschlossen, überholt und außerdem übervoll und dehnt sich deshalb aus. Ausgerechnet gen Norden. Hinter die Grenzlinie, hinter die Wisbyer. Ja, so ist es. Neuerdings wohnt man da. Oder hier. Gegenüber zum Beispiel. Die junge Familie mit der B-Klasse. Berliner Kennzeichen, klar. Aber immer noch mit der Randbemerkung „Autohaus Schwabing“. Ja, das muss man zeigen. Und das Baby auch. Es wird aus dem Fenster gehalten, wenn es schreit. Hallo Pankow, noch wach?
Harmlos. Im Nachbarhaus geht es ganz anders zu. Da wohnen jetzt welche mit Musik im Blut. Versuchen ihren Kindern die Nationalhymne beizubringen. Auf der Geige. Zwanzigmal hintereinander. Von mal zu mal schlimmer. Natürlich bei weit geöffneter Balkontür. Die ganze WM lang. Die nun vorbei ist und damit auch das Hymnengekratze mit dem Fiedelbogen. Nichts gegen Kinder, die Geige spielen. Schließlich hab ich vor 40 Jahren auch so angefangen. Aber eben nicht mit deutschen Hymnen. Und nicht abends um halb zehn.
Und dann die neuen Nachbarn nebenan. Kenzeichen Hamburg. Halten nichts von Fahrrädern im Flur. Und vom Grillen rein gar nichts. Lassen sich allabendlich Sushi vom Cateringservice bringen. Haben ihre hanseatische Meinung gleich ans Brett im Hausflur geschlagen: Bitte keine Räder im Flur. Wem gehört der Kinderwagen im Hof? Außerdem möchten sie gern darauf hinweisen, dass sie das Grillen im Hof stört. Der Rauch wäre eine Zumutung.
Jetzt wird die Wohnung über uns saniert. Die bisherige Mieterin ist ausgezogen. Die hatte noch nen alten DDR-Mietvertrag und eine dementsprechende unsanierte Wohnung. Bin nun gespannt, wer da einziehen wird. Vielleicht ja ein hanseatisch-schwäbisches neureiches Makler-Designer-Paar mit Holzkohle- und Kinderwagenphobie. Oder einfach nur nette Nachbarn. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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