Wie damals bei der Treuhand

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Wissen Sie was? Ich will nicht mehr. Sagte der Mann neben mir auf der Bank. Dabei dachte ich immer: Der kennt sich aus. Der wird uns in dem Geschäft alle überleben. Der Preisträger. Autor. Exzellenter Schreiber. Aber nun das. Was meinen Sie? Fragte ich. Na zum Beispiel dieses hier: Sie nennen es Referenzen. Sie behaupten, „Kräfte zu bündeln und Freiraum für exzellenten Journalismus“ zu schaffen. Sie sprechen von „exklusiven Nachrichten und tiefen Analysen. So sieht das aus, wenn Arbeitsplätze eingespart werden. Wenn immer mehr auf den guten Journalismus verzichtet wird. Wenn die Recherche den Nachrichten-Agenturen überlassen wird. Weil Redakteure keine Zeit mehr dazu haben. Weil die in Schulungen sitzen, wo ihnen beigebracht wird, wie man mit dem Smartphone Fotos und Filmchen machen kann. Für die Online-Ausgaben. Weil Fotografen dann nicht mehr bezahlt werden. Weil es dann keine Fotografen mehr geben wird. Wer schreibt, der fotografiert. Und bleibt. Vieleicht.

Vielleicht? Naja, sagte der Mann. Bleiben werden nur wenige. Am besten die, die wenig Kosten verursachen. Mich kann dan keiner mehr bezahlen. Mich will dann keiner mehr bezahlen. Unter dem Deckmäntelchen „Die Zukunft heißt Online“ wird das Printgeschäft abgewickelt. Jedenfalls die, die ihn machen. Andere werden kommen. An den Online-PCs sitzen schon jetzt immer mehr Praktikanten und sogenannte kreative Seiteneinstieger. Die wirklich Ahnung haben. Keine Frage. Von PCs. Dem Internet und Einbettungsprogrammen. Aber selten gute Sätze geradeaus schreiben können. So sieht das aus, sagte der Mann. Leider.

Und, bei Ihnen? Schon was gehört? Fragte er mich. Naja, nichts Genaues weiß man nicht. Die einen sagen so, die anderen so. Wie immer eben. Ja, sagte der Mann. Es gibt immer Gerüchte. Zuerst. Und dann passiert es doch. Wissen Sie, ich komme mir derzeit vor wie Anfang der 90er. Als die Treuhand offiziell den Ostbetrieb retten sollte.  Dann aber doch alles verscherbelt hat. Nichts gegen Online und Internetnachrichten. Nichts gegen die Online-Zukunft des Verlagsgeschäftes. Das wird un muss kommen. Das seh ich auch so. Aber mit dem Verlust von Qualität, der damit einhergehen wird, kann und will ich nicht leben. Und eine Online-Schulung? In meinem Alter? Ich weiß nicht. Ich kann schreiben. Und recherchieren. Analysieren. Kommentieren. Also all das, was bald nicht mehr gebraucht werden wird. Trotzdem, schönen Tag noch. Der Sommer ist ja gar nicht so schlecht. Ja, danke! Sage ich. Manche Vorhersagen liegen eben doch voll daneben.

Werbung

20 Millionen Zeitungskäufer. Täglich.

Man mag es ja angesichts der neuesten Entwicklungen gar nicht glauben. Aber es scheint doch so zu sein: Laut den Zahlen der Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) werden in Deutschland jeden Wochentag 20 Millionen Tageszeitungen gedruckt. Allein die Zeitungen, die dort gelistet sind, und deutlich die 50.000er Auflage überschreiten, ergeben ein gedrucktes Gesamtvolumen von 16.255.000 Exemplaren (siehe Tabelle unten, Quartalszahlen 03/12). 16,25 Millionen. Magazine und Wochenzeitungen ausgenommen. Gut, es sind Druckauflagen. verkauft wird weniger. Aber bei 16 Millionen sind das eher Peanuts. Sagen wir mal, 15 Millionen Exemplare von diesen Zeitungen werden täglich ausgeliefert, gekauft, gelesen.

Und da schreiben alle vom sterbenden Printjournalismus. Jene, welche selbst im Boot sitzen. Schreiben ihren Untergang herbei und torpedieren sich damit selbst. Hätten sie doch mal nachgerechnet. Die Damen und Herren der Qualitätsblätter und -magazine. Aber das ist wohl wieder zuviel verlangt. Laut Adam Riese jedenfalls muss, um den Printjournalismus in Deutschland zu Grabe zu tragen, noch viel gestorben werden. Doch das wird noch dauern.

Für mich sind  die Zeitungen die neuen Vinylplatten.  Es wird sie auch in Zukunft noch geben. Auch dann noch, wenn die Nachrichten per Telepatpost direkt ins Gehirn gepustet werden. Wenn man mit einem kurzen Nicken seine Kreditkarte belastet und die Aufzeichnung der Bundesliga auf die Iris gespielt wird. Zeitungen gibt es dann in paar wenigen Zeitungsläden. Die meisten werden gebraucht sein, teuer alle. Und hin und wieder gibt es eine neue Pressung. In Limitierter Auflage.

Aachener Zeitung 129000
Abendzeitung München 134000
Ausgburger Allgemeine 102000
B.Z. 184000
Badische Zeitung 165000
Berliner Kurier 142000
Berliner Morgenpost 132000
Berliner Zeitung 151000
BILD Deutschland 3500000
Braunschweiger Zeitung 92000
Der Tagesspiegel 141000
Die Rheinpfalz 249000
Welt(WeltKompakt 319000
Donaukurier 92000
EXPRESS 203000
FAZ 438000
FASZ 109000
Münchner Merkur 205000
Hamburger Abendblatt 219000
Hamburger Morgenpost 144000
HAZ 552000
Heilbronner Stimme 91000
Kieler Nachrichten 108000
Lausitzer Rundschau 94000
LVZ 229000
Lübecker Nachrichten 109000
Main-Echo 77000
Main-Post 126000
Mannheimer Morgen 85000
Märkische Allgemeine 145000
Märkische Oderzeitung 92000
Mittelbayerische Zeitung 117000
Mitteldeutsche Zeitung 215000
Mopo Chemnitz/Dresden 110000
Neue Osnabrücker Zeitung 65000
Nürnberger Nachrichten 280000
Oberbayerisches Volksblatt 72000
Frankenpost 101000
Ostseezeitung 163000
Passauer Neue Presse 171000
Recklinghäuser Zeitung 63000
Rhein-Main-Presse 196000
Rhein-Neckar-Zeitung 93000
Rheinische Post 377000
Saarbrücker Zeitung 152000
Sächsische Zeitung 261000
Schwäbische Zeitung 178000
Schweriner Volkszeitung 93000
Schleswig-Holstein-Prese 254000
Stuttgarter Zeitung/Nachrichten 216000
Süddeutsche Zeitung 498000
Südkurier 132000
Südthüringer Presse 110000
Südwest Presse 320000
Die Tageszeitung 69000
Trierischer Volksfreund 93000
TZ München 173000
Volksstimme 198000
WAZ-Mediengruppe 809000
Welt am Sonntag/Kompakt 541000
Westdeutsche Zeitung 159000
Westfalen-Blatt 123000
Westfälische Nachrichten 102000
Zeitungsgruppe Köln (Anzeiger(Rundschau) 340000
Zgruppe Münchner Merkur 451000
Zgruppe Neue Westfälische 242000
Zgruppe Norddeutsche Allgemeine 160000