Ding des Monats

Aus dem Tagespiegel-Ckeckpoint vom 6. Juli 2017:

Das war zu erwarten – es gibt Krach ums Klo: Der Senat verschiebt das Konzept zur Finanzierung der öffentlichen „City Toiletten“ (sollte im Juli fertig sein) auf September. Bisher betreibt die Firma Wall ihre 175 Häuschen kostenlos für das Land und vermarktet im Gegenzug kostenlos Werbeflächen des Landes – ein gutes Geschäft. Da dachte sich der Senat: Das können wir doch selbst! Zumal ja auch die Schulklos im Land Berlin schon seit Jahren so fantastisch in Schuss sind. Also wurde der Wall-Vertrag gekündigt – und schon ging der Ärger los: Wer macht was und was machen die Bezirke, wer kümmert sich – und wer kassiert? Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey fasst den aktuellen Stand der Debatte so zusammen: „Ich möchte nicht, dass wir einen Toiletten-BER bekommen“ (Zitat: „B.Z.“) – das klingt dann auch noch nach zusätzlichen Problemenmit der Entrauchungsanlage.

Erinnert an damals, als der Senat auf die Idee kam, den Bau des Flughafens selbst zu koordinieren.

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Ding des Monats

Gefunden heute im Checkpoint (Tagesspiegel):

  • Die Innenverwaltung beschäftigt offenbar einen Komiker, der unter dem Namen „Staatssekretär Statzkowski“ lästige Anfragen beantwortet. Zum Beispiel diese des Abgeordneten Schatz: Wer kommt für die Mehrkosten auf, die verhinderten Meldewilligen wegen der chaotischen Zustände im Bürgeramt entstehen? Antwort: „Da ein Umzug in der Regel mehrere Monate im Voraus feststeht, ist es jeder Bürgerin/jedem Bürger möglich, sich rechtzeitig um einen Termin im Bürgeramt zu bemühen. Damit können die dargestellten Mehrkosten durch Eigeninitiative vermieden werden.“ Ist das also auch mal klar: Der Senat hält nicht die Bürgerämter für zu langsam, sondern die Leute für zu blöd.

Ich glaube, es hackt

Ich glaub es hackt, würde wohl so manche Musikerin verlauten lassen, wenn sie sich dieses „offizielle“ Berliner Werbe-Video für die Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft ansehen würde. Ganz zu schweigen davon, was anderen dazu einfallen würde. Nix gegen die Maiden Monsters, die können Musik machen. Aber warum machen die sowas? Angeblich finden die das selbst witzig und gut. So manch andere auch, hab ich mir sagen lassen. Und: Es wurde wohl offiziell vom Berliner Senat vorgestellt. Kaum zu glauben. Weil aber Musik bekanntermaßen Geschmackssache ist über die sich nicht streiten lässt, könnte man es auch durchaus verstehen und stehen lassen. Fällt aber verdammt schwer. Das ist weder witzig noch gut. Das ist peinlich. So landen die Deutschen schon vor Beginn der Weltmeisterschaft ihren ersten Treffer – jedoch als Eigentor.

Willkommen in Posemuckel

Es wird Zeit. Zeit für einen Bahnhof mit Weltniveau. Dachten sich drei Unternehmer aus Berlin, die im Hauptbahnhof Geschäfte betreiben. Hier, im und am größten Verkehrsknotenpuntk Europas, herrschen nämlich ländliche Sitten. Sonntags müssen Geschäfte schließen, Feiertags sowieso (ganz anders in der von Berlinern so bezeichneten Provinz). Natürlich gibt es Ausnahmen. Wer Souveniers verkauft, darf öffnen. Wer Reisebedarf hat, ebenfalls. Souveniers, Reisebedarf? Wer legt das eigentlich fest. Wer bestimmt, was Reisebedarf ist. Oder ein Souvenier?

Ich meine, für mich war noch vor 20 Jahren ne Flasche Goldbrand und n Kasten Bier Reisebedarf.  Und wenn ich mir damals ne Jeansjacke hätte kaufen können, so kurz vor der Abfahrt des Personenzuges von Halle nach Erfurt, dann wäre die Jeansjacke natürlich Reisebedarf gewesen. Aber Jeansjacken waren eher Mangelware, in den Geschäften am Hauptbahnhof in Halle. Zumindest in den Geschäften, in denen meine Geld akzeptiert wurde. Im Intershop unten links, da gab es auch Jeans. Und Whisky. Aber nur gegen Westgeld. Oder Forum-Schecks. Aber ob der Intershop deshalb am Bahnhof war, weil sein Angebot zum Reisebedarf der Gäste aus dem Westen gehörte, entzieht sich meiner Kenntnis. Und Geschäfte gab es da sowieso nicht. Mal abgesehen vom Mitropa-SB-Restaurant. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zurück nach Berlin. Jene drei Unternehmer wollen sich also die Ladenöffnungszeitenvorschriften nicht mehr gefallen lassen. Sie starteten jetzt eine Aktion namens „Willkommen in Posemuckel“. Auf drei Bahnhöfen verteilen hübsche Hostessen 30.000 Postkarten. Karten, die an Senatorin Katrin Lompscher gerichtet sind. Darauf die Forderung nach 365 Tagen Öffnungszeiten im Berliner Hauptbahnhof.

Liebe Geschäftsfreunde im Hauptbahnhof. Euer Anliegen und Eure Aktion in allen Ehren. Aber was erwartet Ihr? Von einem Bahnhof, in dem Züge und S-Bahnen nur dann fahren, wenn es die alten Karossen und die Werkstattkapazitäten zulassen; ein Bahnhof, wo es elektronische Anzeigen gibt, auf denen „Ansage beachten“ steht, ein Bahnhof, in dem ein halbes Jahr nach der Schweinegrippe am Kaffeetresen immer noch Handreinigungsgel verkauft wird während man sich anhören muss, dass „Kaffee gerade aus wäre“, ein Bahnhof, der weniger Taxi-Halteplätze hat als der Bahnhof Bitterfeld?

Also ich bin auf Eurer Seite. Ich bin dafür. Auch ich werde vielleicht einmal an einem Sonntag mit der Bahn von Berlin fortfahren. Und dann bin ich froh, wenn ich noch ne Jeansjacke, n Kasten Bier und ne Pulle Schnaps kaufen kann. Allerdings habe ich wenig Hoffnung. Denn Euer Leitspruch trifft nicht nur auf den Bahnhof zu. Jedes Mal, wenn ich bisher aus den USA-Urlaub zurück nach Berlin kam, dachte ich genau das: Willkommen in Posemuckel.