Es wurde mal wieder Zeit. Zeit für einen Besuch in dieser Stadt. Die Stadt, in die ich einst nicht zurückkehren wollte. Dort, wo man mit der Gitarre auf Treppenstufen saß. Mit Freunden und einem Lied. Dann kam die zivile Staatsmacht. Die hatte auch Knüppel dabei.
Doch das ist lange her. Eigentlich längst vergessen. Aber manch Schläge vergisst man eben doch nie. Wieder stand ich auf den Stufen, diesmal ohne Gitarre, ohne Freunde. Nichts passierte. Naja, fast nichts. Ein Mitarbeiter der Metro fragte nach meinem Befinden, ob er mir helfen könne. Nein, danke. Alles okay.
Am schönsten ist es jetzt am frühen Morgen. Wenn man aus dem Hotelfenster blickt und sich die Nebelschwaden über der Moldau langsam verziehen. Wenn die meisten Touristen noch schlafen oder frühstücken oder mit dem Bus stadtrund fahren. Die Prager haben ihren Weg zur Arbeit schon gefunden und die Stadt erwacht. Über die Brücke auf die andere Seite ins Kaffeehaus. Ein doppelter Espresso ist dort so groß wie hier ein vierfacher. Wenigstens zehn Sorten Kuchen, Torten, Gebäck warten verlockend in der Vitrine.
Später dann, wenn Altstadtplatz, Karlsbrücke und Burg vor lauter Menschen nicht mehr zu erkennen sind, die Moldau-Dampfer vor den Schleusen warten und das U Fleku busweise mit Japanern gefüllt wird und drin ein Akkordeon-Spieler den Schneewalzer auf deutsch mit tschechischem Akzent singt, dann ist es Zeit für eine Fahrt mit der guten alten Tatra-Straßenbahn. Drei, vier Stationen die Narodni hinauf.
Dort ist Prag zu Ende. Für den Besucher. Doch wer sich trotzdem traut wird belohnt. Belohnt mit grünen Parks, mit alten Kirchen, neuen Kneipen, alten und neuen Häusern. Die Kneipen mit Preisen, die mir teilweise peinlich waren. Und dann das Essen dort. Halbe böhmische Ente mit drei Sorten Knödeln, rotes und weißes Kraut, Röst-Zwiebeln und lecker Soße (165 Kronen). Ich komme wieder.
Am Nachmittag zurück in die City. Diesmal zu Fuß. Da ein Geschäft, ein Lebensmittel-Geschäft. Ach, wie vermisse ich diese daheim. Alles, was man für zuhause braucht. Dazu in der Vitrine kleine Schnittchen. Mit Käse, mit Wurst, mit Salat. Ach ja, so eine kleine Zwischenmahlzeit, dazu natürlich ein Gambrinus. Kurz vor dem Rausgehen entdecke ich ES in der Kühltruhe. Eis nach Moskauer Art. Zwei Waffeln, zwischendrin das (zumindest bei uns damals) berühmte Moskauer Eis. Welch ein Genuss. Für 15 Kronen.
Am Abend dann ein kleiner Spaziergang an der Moldau entlang. Die Burg hoch oben hell erleuchtet, die Nachtgänger werden aktiv. Die Altstadt ist immer noch zum Bersten voll. Darum geh ich zurück auf die andere Seite der Moldau. Dort, neben dem Café Savoy, gibt´s ein Restaurant, in dem ich am Vortag schon war. Zwar werden auch hier die Touristen abgespeist, aber wenigstens auf „olympischem“ Niveau. Das Essen ist sehr lecker, das schwarze Bier vom Hahn unübertrefflich.
Nur einer von hunderten guten Gründen, warum ich mir die folgenden 399 Meter immer wieder ersparen werde…
Genau 399 Meter, gleich hinter der Karlsbrücke…