Dschungelcamp: Psychologische Kriegsführung

P1050577Was hätte wohl die Abteilung Agitation und Propaganda der Bezirksleitung Halle der SED zum Dschungelcamp gesagt? Ich habe es gefunden, in einem Agitationsblättchen von 1967. Eigentlich geht es um guten Fernsehempfang und ob Mopeds diesen stören können oder nicht. Aber natürlich durfte damals eine entsprechende Einleitung nicht fehlen:

  • Werte Genossen! Die Abteilung Agitation und Propaganda der Bezirksleitung Halle der SED gab Euch in zwei Argumentationen: „Westfernsehen und Westfunk – Gift oder Unterhaltung“ und „Gift aus dem Äther“ Hintergrundinformationen über die Rolle dieser westlichen Massenmedien im System der psychologischen Kriegsführung des westdeutschen Imperialismus und Militarismus. Wir wiesen damit den ideologischen Schaden nach, der durch ideologische Diversion unserer Arbeiter- und Bauern-Macht und der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung zugefügt werden soll. Unsere heutige Argumentation  soll Euch, ausgehend von den beiden Grundsatzargumentationen, unterstützen, um allen Bürgern unseres Bezirkes bei der Sicherung eines guten Empfanges der Sendungen des Deutschen Fersehfunks (DFF – Berlin Aldershof) zu helfen.

Im Propaganda-Heftchen wird dann genau erklärt, in welche Richtung man seine Antenne auszurichten hatte. Und wie man einen Antennenwald auf dem Dach verhindern kann – nämlich mit Gemeinschaftsantennen. So heißt es dort:

  • In Halle-West entsteht eine neue Chemiearbeiterstadt. Wie würde das Bild dieser Stadt mit ihren Hochhäusern aussehen, wenn jeder Bewohner seine eigene Antenne aufs Dach bzw. an die Wand des Gebäudes pflanzt?  Jeder wird verstehen, daß unsere moderne Baukultur mit ihren vielgeschossigen Gebäuden diese Handlung nicht zuläßt.

Und natürlich gab es auch noch den entsprechenden Hinweis zum Umgang mit den „ungeschützten“ Zündspulen der Mopeds:

  • Je weiter die Antenne von der Verkehrsstraße entfernt angebracht wird, um so weniger haben Kraftfahrzeuge die Möglichkeit, den Fernsehampfang zu stören.

 

 

 

Holt mich hier raus, ich bin kein Star!

comic_001Wie war das nochmal? Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient? Dann hat sicher auch jedes Volk den König, den es verdient. Aktuell wäre das dann wohl Joey Heindle. Dschungelkönig und Heulsuse vom Dienst. Passt gut in dieses Land der verschlafenen Frühaufsteher, der legasthenischen Superstars von Morgen, der prüden Brüderle und Schwesterlein, der indizierten Kinderbücher. Wer nichts wird, wird Wirt. Hieß es früher einmal. Jetzt reicht nichts für alles. Und wenn es das Dschungelcamp ist.

Nicht, dass ich was dagegen hätte. Ich schon gar nicht, hab ich doch von dieser erbärmlichen Zurschaustellung primitiver Lebensformen lediglich ein paar Minuten, aus Versehen, ansehen müssen. Es waren aber ausgerechnet jene Minuten, in denen ein Joey Heindle vor laufenden Kameras flennte, weil er sich ach so allein fühlte und sein Freundin ach so weit entfernt sei. Das war dann, glaube ich, nach drei oder vier Tagen im Camp. Das ist ja nun auch eine lange Trennungszeit. Da kann man schon mal in die Kamera heulen.

Heindle  – anfangs hatte ich immer Heintje verstanden. Das wär doch mal was gewesen. Heintje singt Mama im Dschungelcamp (…und bringt der Dschungel mir auch Kummer und Schmerz, dann denk ich nur an dich, es betet ja für mich, oh Mama dein Herz). Schön wär´s gewesen. Hätt ich auch mal reingezappt. Naja, so war´s eben Heindle. Der es ja auch immerhin auf einen Platz 94 der Singlecharts gebracht hat. Und was ist die Moral von der Gschicht? Schaffst Du´s als Sänger nicht, versuch´s nochmal im Dschungel-Licht. Geht das so weiter in diesem Land, wird bald jeder Nichts ein Star sein. Entweder bei Bohlen oder in Polen. Ähm, Australien. Und ich werde in die Welt rufen: Holt mich hier raus, ich bin kein Star!